Publications Der ökologische Rucksack - Deutsch

"Der ökologische Rucksack, Wirtschaft für eine Zukunft mit Zukunft" (Hirtzel Verlag)

"Deutschland entfernt sich immer weiter von seiner Zukunft". So beginnt das neue Buch von Friedrich Schmidt-Bleek, den seine Freunde seit Jahrzehnten Bio nennen. Nicht um des Nachrufes Willen schrieb er das Buch, sondern um zu zeigen, wie man den Ausstieg verhindern kann, wie man mit Mut, Innovation, Zuversicht und Verantwortung eine reiche und stabile Zukunft mit Zukunft bauen koennte.

Zukunftsfaehigkeit hat drei Dimensionen, resuemmiert Schmidt-Bleek: Soziales, Wirtschaft und Oekosphaere. Ziele bestimmen den Weg zu ihr. Bisher wurden Ziele zumeist getrennt verfolgt. Und manche Ziele ueberhaupt nicht. Dies ist der tiefere Grund fuer die Wirtschafts- und Umweltkrise. Und dennoch handeln Politiker noch immer so, als ob man diese Erkenntnis ignorieren duerfe.

"Wenig zukunftsfaehig ist es zum Beispiel", sagt Schmidt-Bleek, "eine Gesundheits-, Renten- und Beschaeftigungsreform zu planen, ohne die fiskalischen, sozialen, und oekologischen Konsequenzen gleichrangig und gleichzeitig zu beruecksichtigen. Wirtschaftswachstum ohne vielfache Verringerung des Ressourcenverbrauchs ist nicht zukunftsfaehig. Sozialpolitik vor allem zu Lasten von Einkommen ist unsozial. Und die Erhaltung der lebenswichtigen Leistungen der Oekosphaere ausserhalb des Marktes ist Planwirtschaft. Davon sollten wir eigentlich genug haben".

Seit 12 Jahren ruft Schmidt-Bleek nach einer massiven Einsparung von natuerlichen Ressourcen. Sparen aber ist auf ganzer Linie "out" in Deutschland, ob es um Geld in den Haenden des Staates geht oder um denaturierte Natur fuer Technik. Beim Staat wird "gegenfinanziert", eine geniale Schoepfung der wohl absichtlichen "auf der Kante genaehten" Sprachverwirrung. Und bei der Technik ist man darauf stolz, "in" zu sein mit e-business, ICE und anderen Neuerungen. Und dabei kostet eine einzige elektronische Bankueberweisung soviel Natur wie 4 Aluminiumdosen. Die letzteren werden dann zwangsrecycliert mit nicht erforschten Folgekosten fuer die Natur. Und der noch immer verpoente Transrapid darf dem ICE in Deutschland nicht zur Konkurrenz werden. Der deutsche Strom verschlingt bei seiner Herstellung nahezu 5 mal mehr natuerliche Ressourcen als der finnische. Das liegt vor allem am Verbrauch von Braunkohle in deutschen Landen. Hier wird gleichzeitig Natur vergeudet und mit Milliarden Steuereuros die Modernisierung Deutschlands wegsubventioniert. Ohne Qualitaetsverlust liessen sich in Deutschland 25% natuerliche Ressourcen schon heute einsparen. Pro Haushalt wuerden das jaehrlich 5000 Euro weniger Ausgaben bedeuten, es wuerde zur Schaffung von 700 000 neuen Arbeitsplaetzen fuehren und der Staat koennte ueber 40 Milliarden mehr Geld verfuegen.

Ueber kurz oder lang hat die Menschheit gar keine Wahl, als die Ressourcenproduktivitaet massiv zu erhoehen. Zum einen reichen die Ressourcen unseres Planeten einfach nicht aus, um allen Menschen eine den westlichen Wegwerfgewohnheiten entsprechende Lebensfuehrung zu ermoeglichen. Auch dann nicht, wenn man allen Abfall recyklieren koennte (das waere ueber 30 mal mehr, als heute der Fall). Zum anderen aber, und dies ist der viel brisantere Grund, sind schon heute die Folgekosten dieser Wirtschaftsweise unertraeglich hoch und steigen laufend an. Man denke nur an Klimawechsel, Wasserknappheiten, Ueberflutungen und den Verlust an Waeldern.

Schmidt-Bleek ruft die Politiker auf, endlich eine ihren Sonntagsreden entsprechende Reform zu wagen: nur wenn Ressourcen ihren wirtschaftlich ehrlichen Preis auf dem Markt erreichen, nur wenn Arbeit ganz wesentlich profitabler wird in Europa als heute der Fall, kann es eine nachhaltige Zukunft mit sozialem Frieden geben. Hierzu muessen Steuern und Abgaben in grossem Umfang weg von der Arbeit und hin zu den natuerlichen Ressourcen umgeschichtet werden, anstelle der "gegenfinanzierten" Flickschusterei von heute. Massive technische Innovationen werden hierzu gebraucht, Innovationen, welche die Industrie von sich aus leisten wird, sobald es sich wirklich lohnt, dematerialisierte Produkte anzubieten. Noch aber ist die Misere die: fast jeder schmeisst Leute raus, und kaum einer entlaesst Kilowattstunden ernsthaft. Menschen werden durch ressourcenverschlingende Maschinen ersetzt. Und um die Dinge auf die Spitze zu treiben, werden Politiker - unterstuetzt von einigen "Wirtschaftsexperten" - nicht muede, ihre Waehler aufzufordern, mehr von den Dingen zu konsumieren, deren Ressourcenverbrauch die Umwelt in die Knie zwingt. Auf diese Weise, so glauben sie, koenne man zukunftsfaehige Arbeitsplaetze schaffen.

Das Mass fuer oekologisches Wirtschaften ist MIPS, die Menge an Natur, die man fuer eine bestimmte Menge Nutzen in der Technik einsetzt. Und "COPS" - der Preis fuer eine bestimmte Menge an Nutzen - sollte den Kunden in einer Dienstleistungsgesellschaft die Auswahl wirklich preiswerter Marktangebote ermoeglichen. Wichtiger waere es zum Beispiel, die Kosten fuer das Saeubern von 5 kg Waesche zu kennen als den Preis fuer eine Waschmaschine, so Schmidt-Bleek

"Wenn man MIPS umformuliert und sagt, Nutzen sei gleich Ressourcenproduktivitaet multipliziert mit Ressourcenverbrauch, dann wird erkennbar, dass Nutzen in Richtung Nachhaltigkeit nur vermehrt werden kann, wenn dabei gleichzeitig die Ressourcenproduktivitaet steigt", so Schmidt-Bleek und fuegt hinzu: "Im Amtseid des deutschen Bundeskanzlers heisst es u.a.: „'Ich schwoere, …...den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren'. Offenkundig ist der Regierungschef zur Dematerialisierung der deutschen Wirtschaft verpflichtet - jedenfalls solange er Deutschland der Nachhaltigkeit naeher bringen will.

2001 hat Schmidt-Bleek den "Takeda World Environment Award", den sogenannten Japanischen "Nobelpreis fuer Umwelt" , fuer seine Entwicklung des MIPS/Faktor 10 Konzeptes verliehen bekommen. Und seither ist sein "Faktor 10" auch Bestandteil der strategischen Wirtschaftsplanung Japans.

Das neue Buch beschreibt im Detail einen bunten Strauss praktischer Beispiele dafuer, wie man bei gleicher Leistung mit viel weniger Natur auskommen kann, ohne Verlust an Qualitaet. Und Schmidt-Bleek fuehrt auch vor, wie man das rechnet, Schritt fuer Schritt. Die Beitraege hat er von seinen Freunden zur Verfuegung gestellt bekommen, deren Namen der Leser im Buch verzeichnet findet.

Zu den Beispielen gehoeren: Warum das T-Shirt oekologisch schlechter ist als sein Ruf. Wie sich MIPS für die Dienstleistung Bahntransport berechnen laesst. Warum manche Computer besonders schwer an ihren oekologischen Rucksaecken tragen. Warum sich die Umwelt freut, wenn viele Schuster bei ihrem Leisten bleiben. Warum es einen Unterschied macht, ob man sich die Haende mit Stoffhandtuechern oder mit einem Warmluftgeblaese trocknet. Warum in manchen Bereichen Einweg ressourceneffizienter sein kann als Mehrweg. Wie MIPS den finnischen Sport bewegt. Warum der Wald nach mehr Ressourcenproduktivitaet bei der Papierherstellung schreit. Wie man beim Bauen und Wohnen kleinere Rucksaecke schneidern kann. Warum es eine brillante Idee sein kann, statt einem Produkt eine Dienstleistung zu verkaufen. Warum das Verpackungsproblem weniger wichtig ist als gedacht und dennoch dringend geloest werden muss. Warum die Wegwerfkamera oekologisch so gut abschneidet und wie ein Fotoapparat-Leihsystem aussehen koennte. Wie die Transportschifffahrt die Windenergie wiederentdeckt. Wie sich durch geschickte Materialauswahl die Ressourceneffizienz eines Sonnenkollektors vervielfachen liess. Und schliesslich: Was die Lotuspflanze mit Nachhaltigkeit zu tun hat.

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: "Deutschland kann", so sagt Schmidt-Bleek, "nur dann zukunftsfaehig werden, wenn jede Art von Verschwendung weitgehend vermieden und Arbeit wieder rentabel wird, wenn die dramatische Verbesserung der Ressourcenproduktivitaet Eingang in die strategische Wirtschaftsplanung findet und wenn die Mehrung der Lust auf Eigenleistung, auf eigenes Risiko, auf eigene Innovation und eigene Verantwortung gelingt. Daraus koennte dann der Ruck entstehen, den Bundespraesident Herzog in seiner Adlon-Rede im April 1997 beschwor."